Meine Erklärung zu den Bärenunfällen in der Slowakei (Frühjahr 2025)

Nach einer Reihe von Bärenangriffen auf Menschen will die slowakische Regierung drastische Maßnahmen ergreifen.
Regierungschef Robert Fico kündigte an, dass der Abschuss von bis zu 350 Bären genehmigt wurde. „Wir können nicht in einem Land leben, in dem die Leute Angst davor haben, in den Wald zu gehen“, erklärte Fico vor Journalisten.


Obwohl die Jäger in der Slovakei im Jahre 2024  offiziell beinahe 100 Bären geschossen haben, weitere mind. 100 Bären sind illegal geschossen worden, die Probleme sind nicht weniger geworden. Es wurden also so viele Bären geschossen wie noch nie in den letzten 100 Jahren, gleichseitig hat es aber drei mal so viele Angriffe gegeben wie in den Jahren davor. Lang-zeitige Durchschnitt bei den Bärenangriffen war 3-4 pro Jahr. 2024 hat es 13 Bärenangriffe gegeben.
Über Jahre hat der Bärenmanagement in Slowakei sehr gut funktioniert, Spezielles Bär-Einsatzkommando hat jeden Problem Bären sehr schnell und effektiv eliminiert. Dörfer wo Bären die Müllablageplätze besucht haben kriegten spezielle Bären sichere Müllcontainers und wenn ein Jäger irgendwo im Dorfnähe gefüttert hat, es würde zumindest kritisch betrachtet.
Bis der Bär zum politischem Thema geworden ist.
Angefangen hat es mit legitimieren der Futterplätze in unmittelbarer Nähe der Dörfer und Städte.

In der Slowakei könnte man tausende solche Futterstellen (natürlich immer in Kombination mit einem Ansitz) finden und wie ich schon mal geschrieben habe, es handelt sich nicht um ein paar undisziplinierte Kollegen, sondern es ist ein System wo es keine Kontrolle und Sanktionen gibt. Die Jäger füttern trotzt afrikanischer Schweinepest - Epidemiegefahr angeblich um an die Wildschweine besser drankommen zu können. Das macht man aber nicht tonnenweise mit Mais oder Lebensmittelresten aus den Supermärkten.
Natürlich besuchen solche Stellen nicht nur Wildschweine oder Rotwild, sondern sehr gerne auch Bären.

Man lockt sie mit für sie unwiderstehlichen Futterangebot aus ihren natürlichen Lebensraum runter an die Dorfränder und da passiert das gleiche wie an den Müllcontainers und zwar, dass sie Menschen in der Nähe angreifen. Das sie was von den Essresten, die im Müll gelandet sind weg fressen, das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass sie Menschen angreifen, wenn sie sich der "Futterstelle" nähern. Natürlich lebt auch der Besitzer von so einer Futterstelle gefährlich weil auch er selber angegriffen werden kann. Der Bär unterscheidet nämlich nicht so wirklich ob man ihm auf den Futterhaufen noch was drauf kippen will oder will man ihm was nehmen, er behandelt jeden Eindringling gleich als einen Dieb oder Feind. Mit Abstand die meisten Fälle aus den letzten 2 Jahre sind in unmittelbare Nähe der Tier-Futterstellen der Jäger passiert.



Genau so war es auch jetzt bei dem tödlichen Bär-Angriff. Der jüngste Vorfall ereignete sich 30.3. 2025 am Sonntagabend, als ein Mann (59) nach einem Waldspaziergang bei der mittelslowakischen Gemeinde Detva nicht nach Hause zurückkehrte. Eine groß angelegte Suchaktion mit Rettungskräften und freiwilligen Helfern führte schließlich zu der Entdeckung des leblosen Körpers. Der Fundort lag in dichtem Unterholz, nur etwa 200 Meter von einer bewohnten Siedlung entfernt, direkt an einer Futterstelle, die einem Politiker aus der rechts-radikalen Partei Republika, dem Miroslav Suja gehört. Ich persönlich würde tausend mal lieber einen Bären treffen als mit ihm was zu tun zu haben.

Er bedroht jetzt jeden, der sich erlaubt es zu sagen dass er jahrelang Unmengen an Futter an diese Stelle geliefert hat und es war allgemein bekannt dass Bären die Stelle regelmäßig besucht haben. Nach medialisieren der Information hat er das Futter von der Futteranlage entfernt,

alles mit Pulver Kalk gestreut und behauptet jetzt, dass dort nie gefüttert würde. Dem toten Man hilft es aber nicht mehr und die Polizei ignoriert alle vorgelegte Fakten.

Am 5.10.2024 würde ein 63 jähriger Pilzsammler oberhalb der Ortschaft Hybe (Landkreis Zilina) getötet. Auch das war unweit von einem Futterplatz.

21.3. 2025 wurden 2 Jäger (Vater und Sohn) im Tal Sutovska dolina im Süden der Mala Fatra (etwa 500m von einer bewohnten Siedlung entfernt) von einem Bären angegriffen. Sie haben das Futter zum Futterplatz an ihren Ansitz hochgetragen. Jäger werden überraschende weise nicht ganz so oft angegriffen, obwohl sie selber die Futterstellen regelmäßig besuchen. Man muss aber sagen, dass sie meistens erfahrene Waldbesucher sind und sie sich auf solchen Plätze voll konzentriert bewegen. Das ist aber nicht der Fall der anderen Waldbesucher aus der Reihe der Laien, die zum Teil mit Ohrstöpsel gegen Abend nach der Arbeit noch schnell eine Runde laufen wollen und völlig unbewusst passieren sie solche Futteranlagen und so kommen sie leicht einem Bären zu nah.

Nationalsport in der Slowakei ist Hirschgeweihe zu suchen. Die Saison geht los etwa vom Januar bis Mai. Auch wenn es illegal ist und laut Gesetz riskiert man 2 Jahre Haft, tausende Menschen pressen sich durch Dickichte, sehr oft in der Nähe der Futterstellen, weil die Wahrscheinlichkeit eine Stange dort zu finden ist viel höher als egal wo sonst. Vergleichbar groß ist aber auch die Chance einen Bären zu stören, der "sein Futterplatz" bewacht.
Zu dieser Zeit kann man auch führende Bärinen mit jungen treffen, vor allem wen man in dem Winterquartier der Bären mit einem frei laufendem Jagdhund unterwegs ist. 
Am gleichen Tag 21.3. nur 8km entfernt im Tal Belska dolina, wo ich auch gerne mit meinen Gästen wandere, wurde ein Hirschgeweihe Sucher von einer Bärin mit 4 Jungen angegriffen. Er hat behauptet, dass er sich mit einem Bärenspray gewährt hatte. Eine Fotofalle hat aber alles aufgenommen und gezeigt, dass er mit einer Axt der Bärin auf Kopf drauf gehaut hatte (das Video ist zu brutal um es hier zu veröffentlichen). Sein Hund hat sie provoziert und vom weit weg zu ihm geführt, hoch in den Bergen unweit von ihrer Bärenhöhle im National Park, abseits von allen Wanderwegen. So verletzt stellt sie ein großes Gefahr für jeden, der sie trifft.

1.2.2025 hat ein Bär einen Abenteurer direkt an einer Bärenhöhle angegriffen, wenn er dort eine Fotofalle installieren wollte...

Ich könnte hier noch weitere Bärenangriffe auflisten und analysieren, jedes mal ist aber nicht unbedingt der Bär Schuld. Die Daten zeigen es klar und deutlich, dass wahlloses Bärenschießen keine gute Lösung ist, wenn man die Ursache nicht klärt.
Das Problem sind nicht zu viele Bären, weil manchmal ist es der einziger Bär in der ganzen Gegend weit und breit, der dem Futterangebot nicht widersprechen könnte. Selbst wenn wir alle Bären in der Slowakei (mind. 1200) töten würden, wen dann auch nur ein Bär aus Polen oder Tschechien zu uns rüber kommt, kann er an der ersten Futterstelle nächsten Menschen töten.

Flächendeckende systemlose Bärenabschuss ist vergleichbare Lösung als wenn wir bei vielen Todesfällen beim Straßenverkehr das Autofahren verboten hätten oder alle Bäume an den Straßen weg gesägt hätten, statt die Geschwindigkeit zu steuern oder den Alkohol am Steuer zu verbieten.

Das größte Problem ist das anfüttern und das zweite ist, dass manche Menschen den elementaren Respekt verloren haben. Ohne Grundkenntnisse betreten sie zu der falschen Zeit die intimste Sphäre der Bären. Für "wissenschaftliche und allgemeine Monitoring-Zwecke" bin ich auch ein paar mal in recht gefährlichen Situationen gelandet und viel Glück verbraucht. Im Winter oder Frühling gehe ich nie absichtlich zu den Bärenhöhlen, bin immer mit allen Sinnen unterwegs, kenne die Gegend wie meine Westentasche und vor allem wen ich Gäste führe riskiere ich nie. Es gibt keine 100% Garantie, dass es einem Menschen in den Karpaten bei einer Bärenbegegnung nichts passiert, bei den hunderten Begegnungen mit Bären, oft auf die kürzeste mögliche Distanz, habe ich viele Erfahrungen gesammelt und mit mir unterwegs kann man das Fürchten zu hause lassen. Ein Leben in einer Gegend wo es keine Bären gibt wäre für mich langweilig und rein statistisch haben unsere Jäger in den letzten hundert Jahren über 600 Menschen erschossen wo den Bären 2 Menschen zur opfer gefallen sind.

Etwas mehr Text als ihr von mir gewöhnt seid, aber ich müsste es los werden um die viele Fragen in einem Beitrag zu beantworten.

Trotz dem kurzen Wintereinbruch sind erste Bären auch in meinen Revieren schon unterwegs, wie es die Aufnahmen aus den Fotofallen beweisen.